Kategorien
Literatur

Die Stadt der Blinden

So heißt ein Buch von José Saramago, das ich irgendwann Anfang der 2000er Jahre gelesen habe. Seit die Nachrichten voll vom neuen Coronavirus sind und nicht nur Wuhan eine abgesperrte Stadt ist, erinnere ich mich immer wieder an meine Lektüre von damals.

eigenes FotoEtwas angestaubt: Mein Exemplar

Die Menschen in einer namenlosen Stadt erkranken, es gibt keinen Schutz gegen die Krankheit. Der Roman handelt davon, wie sich die Seuche entwickelt und wie die Erkrankten und die Behörden damit umgehen.

Es ist übrigens weder ein Action- noch Horrorroman. Hinter den Ereignissen steht die Frage, wie sich eine Gesellschaft entwickelt, die von einer unverstandenen Epidemie betroffen ist, wie sie sich verändert, wie sie zerfällt, wenn sich die staatlichen und zivilgesellschaftlichen Strukturen auflösen, und wie sich gleichzeitig Solidarität entwickelt. Es ist ein gesellschaftskritischer und auch politischer Roman mit zutiefst pessimistischer Grundstimmung.

Ich erinnere mich an die Gefühle der Beklemmung, die ich bei der Lektüre hatte, und daran, dass ich mich wie in einem Sog befand und das Buch nicht aus der Hand legen konnte. So dicht ist die Atmosphäre, die der Autor erzeugt, so beklemmend und verstörend seine dystopische Vision, so intensiv seine Sprache (und die der Übersetzung), dass die Lektüre einen richtiggehend gefangen hält.

1998, drei Jahre nachdem “Die Stadt der Blinden” erschienen war, erhielt Saramago übrigens den Nobelpreis für Literatur. Nun ist das allein nicht unbedingt ein Ausweis für gute Literatur, aber er erhebt seine Träger doch über den Rang eines Dorfpoeten.

Kurzum, aus heutiger Sicht ist dieses Buch eine anspruchsvolle und beklemmende Lektüre zur Corona-Epidemie.

Von dankwartp

Geboren. Hoffnungsfroh skeptisch. Noch am Leben.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert